Flugabenteuer an Portugals Küsten: Ein Roadtrip durch die Lüfte

Flugabenteuer an Portugals Küsten: Ein Roadtrip durch die Lüfte

Warme Sonnenstrahlen trafen auf mein Gesicht, mit leicht verschwommen Blick schaute ich über die Flügelspitze des Flugzeugs hinaus in die Ferne. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages begrüßten mich, so könnte ich gerne öfters von einem Nickerchen geweckt werden. Mit einem Blick auf die Uhr stieg die Motivation in mir und meinen Freunden. In weniger als einer Stunde kommen wir an unserem ersten Ziel in Faro an. Nach einigen Recherchen und YouTube-Videos steckte die Freude bis zu beiden Ohren in uns, endlich können wir unseren geplanten Roadtrip entlang Portugals Küste verwirklichen. Die südliche Region Portugals ist besser bekannt als die Algarven. Besondere Küstenlinien mit beeindruckenden Klippen und wunderschönen breiten Stränden laden nicht nur zahlreiche Urlauber sondern auch uns Gleitschirmflieger für unzählige Soaring-Stunden ein …

Endlich gelandet scheint sich unsere Laudamotion-Maschine ebenfalls zu freuen. Das typische Geräusch der Power-Transfer-Unit der A320-Familie bellte im Stillstand lange nach. Kurze Zeit später fühlte ich mich selber wie ein Hund. Die 20kg für das Aufgabegebäck wurden genauestens ausgereizt, mit Freude gab ich das Gepäck an den Taxifahrer weiter. Urlaubsgefühle kamen erstmals richtig auf, wer kennt denn nicht die typischen Unterhaltungen mit gutgelaunten Taxifahrern. Unserer hatte längst mitbekommen, dass wir etwas anderes vorhatten als nur gemütlich durch die Städte zu reisen. Mit Freude erzählte er uns über seine zahlreichen Fallschirmsprünge bei seiner Zeit im Militär und anderen Erlebnissen, wie einem Schneesturm in Kanada, wo er für mehrere Stunden eingeschneit war.

Die kurze Fahrt verging wie im Flug, ob das heute vielleicht noch nicht der letzte war? Angekommen am Parkplatz der Roadsurfer-Autovermietung konnten wir endlich unser rollendes Schneckenhaus beziehen. Mittlerweile strahlte die Sonne zwischen den Wolken hervor und der VW California wurde rasch mit unseren Gleitschirmen und einer Dosis Abenteuerlust beladen. Wir waren bereit für einen unvergesslichen Roadtrip! Katja gab schnell die Koordinaten des Fluggebietes ein und los ging es. Die Wettervorhersage war vielversprechend, Westwinde mit einer fliegbaren Windstärke gaben Hoffnung auf einen ersten Flug. Doch der nächste Regenschauer während der Fahrt brachte uns ein Auf und Ab der Gefühle, nicht das letzte Mal an diesem Tag!

Praia da Cordoama

An der südwestlichen Küste liegt das Fluggebiet Cordoama, tolle Klippen und ein Höhenunterschied von 100m laden hier zum Soaren bis zum Sonnenuntergang ein. Der Blick über den Nordatlantik ist atemberaubend, die vom Tourismus nicht überrannten Sandstrände liegen einem zu Füßen. Dem Atlantik ausgesetzt, kann hier der Wind sehr schnell Richtung und Stärke ändern. Ein gutes Messer im Gepäck, ist auf Grund der Gefahr einer Wasserlandung an den Küsten Portugals generell ratsam.

Kräftig durchgeschüttelt erreichten wir den beliebten Aussichtspunkt mit Blick über die traumhafte Küste von Cordoama Beach. Von hier aus wird direkt in W – NW Richtung gestartet. Kaum angekommen gingen wir dem Abgrund entgegen. Als es mir fast die Kappe vom Kopf wehte, wurde mir schlagartig klar, „Mist das wird nichts!!!“. Ein Aufwind mit rund  40km/h prallte an die Klippe, hinter der Kante konnte man eindeutig die Leebereiche spüren.

 „Perfekter Startwind“, sagte ich zu David mit einem ironischen Lächeln. Mit einem Grinsen stimmte er zu und verschwanden wieder in Richtung Bus. Gedankenlos genoss ich die tolle Aussicht über den offenen Ozean.

Kurze Zeit später war David schon mit seiner Kampfansage bereit, ein 9er Speedi! Katja und ich schauten uns mit verwirrten Blicken an. Omg, was wird das jetzt?! Kann das gut gehen?! Die Turbulenzen hoben David auch mit dem Speedschirm aus und konnten ihn ein gutes Stück versetzen. Damit hatte ich nicht gerechnet, dass auch diese Windbedingungen für den kleinen Schirm noch möglich sind. Nach längeren Versuchen lies auch David es gut sein, an diesem Punkt war es einfach zu turbulent um zu starten. Da musste ein anderer Plan her! Mit dem Gleitschirm in der Hand verschwand er nach unten und stieg einige Höhenmeter ab. Als wir unseren Blick über die Kante warfen, konnten wir unseren Augen kaum trauen. Wie aus dem Nichts kommend, stand unten am Strand ein Gleitschirmflieger und groundelte in aller Ruhe mit einem gewöhnlichen Thermikschirm.

Der Wind dürfte auf den letzten Höhenmetern markant stärker sein. Diese Vermutung, wurde durch Davids minimal verlängerten Abgleiter bestätigt. Mit dem Camper unten angekommen, tummelten sich mittlerweile, wie bei einem Schulausflug zahlreiche Piloten am Strand. Mit Recht, denn der gigantische Sandkasten lud bei einem perfekt laminaren Wind zum Groundhandling ein. Einfach nur perfekt, eine kleine Zwischenebene bietet hier die Möglichkeit für kleine 10m-Hoper. Herrlich!

Während dem Spielen ließ all wenig der Wind nach, mit meinem alten Advance Sigma erklomm ich eine höhere Kante und gesellte mich zu den anderen soarenden Piloten dazu. Juhu Airborn! Mein erster Flug in Portugal. Mit unseren Gleitschirmen stiegen wir in die Höhe und schlängelten uns entlang der steilen Küste. Während wir mit dem laminaren Aufwind hoch über den Klippen schwebten, war der Blick auf die türkisfarbene Brandung und die schroffen Felsformationen einfach atemberaubend! Ein Hoch der Gefühle!

Wäre es nicht toll, ein Flug der nie enden würde?! Tja, was sich im Moment gerade nicht änderte, war das Steigen! Wie erwähnt, kann sich der Wind hier rasch ändern. Der Wind wurde immer stärker, die Vorwärtsfahrt immer weniger, der Beschleunigereinsatz wurde ebenfalls immer Sinnloser und auch mit eingeklappten Ohren hatte ich mittlerweile minimale Rückwärtsfahrt. Fu..! Ich bekomme ein Problem … Während ich verschiedene Möglichkeiten austeste, war die Kante bereits an mir vorbeigezogen. Etwas an Höhenverlust hatte ich schon erreicht, doch befand ich mich jetzt auf einer ungünstigen Höhe und stand somit vor zwei Möglichkeiten. Die erste Lösung war, sich mit dem Wind weiter ins Landesinnere zu fliegen, dafür hatte ich bereits zu wenig Höhe, den hinter mir lagen ein paar tiefere Gräben ohne sichere Landemöglichkeiten. Somit blieb mir nur eins konstant auf den Ohren bleiben, um so schnell wie möglichst höhe abbauen um, noch vorher den Boden zu erreichen. Mittlerweile befand ich mich 500 m hinter dem Startplatz. Ich ging wieder in den Normalflug über den Leebereich könnte ich schon deutlich spüren. Wie mit einem Rückwärtsgang flog ich die ganze Erhebung gezielt ab. In der Ferne sah ich schon ein Auto verwirrt stehen bleiben. Auf den letzten Metern spielten sich in meinem Kopf schon die schlimmsten Erwartungen ab. Es war sehr turbulent, aber ein großer Klapper blieb mir zum Glück erspart. Mit Rückwärtsfahrt setzte ich auf der Schotterstraße auf den Schirm bin ich sofort entgegengelaufen. Puh, nochmal alles gut gegangen!

Loule

Die für das Soaren nicht ausreichend vorhergesagte Windstärke ließ uns am nächsten Tag Richtung Faro retour ziehen. Ein Südsüdwest Wind mit rund um die 5 bis 10 km/h wurden vorausgesagt inklusive konstanten Sonnenschein. Nordwestlich von Faro entfernt liegt auf einer kleinen Erhebung das Fluggebiet Loule. Ein kleines ganzjähriges Streckenfluggebiet unmittelbar an der Südküste des Landes. Zuverlässige Thermikquellen im Startplatzbereich und im umliegenden Flachland. Perfekt für den heutigen windschwachen Tag. Sicheres Starten und eine gute Landeeinteilung sind Grundvoraussetzung in diesem Gelände, außer man liebt es, in der Freizeit den Schirm aus dem Gebüsch zu klauben. Durch seine „Freilage“ ca. 4 km hinter der Küste ist er auch ein Top - Soaringgebiet bei schlechten Thermikbedingungen. Die 150 m Höhenunterschied nahmen wir sehr sportlich hin. Für die faulen Urlauber ist der Startplatz auch über einen Schotterweg erreichbar. Der Startplatz ist mit einer Kunststoffmatte Top ausgerüstet. Zu achten ist auf die Höhe, da man im Flughafengebiet von Faro liegt. Maximal 300 m über Grund sind erlaubt. Die blieben aber an diesen Tag unerreicht, entgegen der Vorhersage stand der Wind viel mehr westlich an. Und brachte uns dafür Soaring Bedingung gemischt mit Thermik. Großer Vorteil von Loule ist Nähe zum Strand von Praia da Falesia, die 30 min Autofahrt sicherte unser Nachmittags Programm. 

 

Praia da Falesia

Die Praia da Falesia zählt zu den schönsten Stränden der Algarve und ist ideal für einen fantastischen Ausflug geeignet. Falesia bietet goldenen Sand, sauberes Meerwasser und eine atemberaubende Kulisse aus einzigartigen orangenen Lehmfelsen. Der Strand ist riesig, er erstreckt sich auf einer Länge von mehr als 8 km. Die Praia da Falesia befindet sich in einer Touristenhochburg der Algarve. Ungeachtet dessen hat sich der Strand sein natürliches Erscheinungsbild bewahrt. Gestartet wird an einer zum Teil überhängenden Steilkante, die Teilweiße bis zu 30 m Höhe beträgt. Das Starten in diesem Gelände verlangt sehr gute Starttechniken, da im Startbereich fast immer ein Leerotor steht. So gesehen empfiehlt es sich, am Strand zu landen. Für das Soaren werden Winde aus den Süden benötigt. Bei den sehr westlich anstehenden Wind mussten wir uns etwas einfallen lassen. Sofort stach mir die hohe Kante abseits vom Hauptstartplatz ins Auge. Dort angekommen bewiesen sie sich als zu verwachsen. Aber für was hat man Fliegerfreunde, Minuten später half ich David beim Starten. Durch das gegebene Terrain blieb nur der Cobrastart als Startvariante über. Ein richtiges mummeliges Gefühl, wenn man direkt am Abbruch steht! Stück für Stück führte ich die Eintrittskante nach oben höchstkonzentriert, damit alles klappt. Der Leebereich war wieder stark ausgeprägt, anfangs wirkte es nicht optimal, der Ozone Zeolite GT raschelte ziemlich nervös hin und her angespannte Augenblicke! Kaum die Hälfte vom Schirm freigegeben, spürte ich schon die Energie, der Schirm möchte fliegen. Endlich durch den laminaren Wind angeströmt, wurde David schon wie ein Passagier in die Luft gehoben. Airtime!  

 

Praia da Arrifana

Besonders unvergesslich waren jene Flüge, bei denen wir bis in den Sonnenuntergang hinein in der Luft blieben. Ein Farbenspiel aus warmen Orangetönen und zarten Rottönen umrahmte unsere Silhouetten. Genau mit dem Traum ging ein weiterer Flugtag am Cordoama Beach zu Ende. Wir sind schon mitten im Urlaub angekommen, ein richtiger Alltag hat sich eingeprägt. Dabei lag ein großer Schwerpunkt bei den täglichen Wetterbriefings. Für die letzten Tage bescherte uns das Wetter Wind aus dem Westen, dies ließ uns immer weiter die Westküste Richtung Lissabon ziehen. Wir hatten bereits mehrere Abenteuermomente erlebt, doch unser Durst nach neuen war noch nicht gestielt. Am Strand von Praia da Arrifana hatte David eine Startmöglichkeit entdeckt. Die angesagte Windrichtung passte mit der Hangausrichtung in Google Maps perfekt überein. Dort angekommen inspizierten wir den gedachten Startplatz, von der Kante kam ein wirklich guter Aufwind entgegen. Der Blick über den Nord Atlantischen Ozean lud wieder zum Tagträumen ein. Tja, würde das nicht optimale Startgelände mich und Katja nicht zögern lassen … Somit übernahm David wieder seine Hauptrolle als Vorflieger.

Oh, there´s Nelson! No, that´s David! Is this not Nelson, he should be here. No, that´s my my friend! Witzig, wie klein oft die Welt ist. Katja kam mit den einheimischen Piloten ins Gespräch, genau am diesen Tag kam die lokalen Piloten zusammen, um eine Fläche für einen möglichen Startplatz herzurichten. Der Plan ein offizielles Fluggebiet. David meldete sich am Funk „Ich gehe landen“ mittlerweile nahm der Wind immer mehr zu. Was auch durch das regelmäßige Messen vom Aufwind der einheimische Pilot bestätigte. Gehört auch dazu, da haben wir durch die längere Fahrt das optimale Zeitfenster verpasst.

Fonte da Telha

Fonte da Telha ist ein reizendes portugiesisches Städtchen am Strand, das sich direkt an der wunderschönen Costa de Caparica befindet. Die Stadt liegt eingebettet zwischen den goldfarbenen Felsen und traumhaften Sandstrand, der sich in beide Richtungen über 5 km erstreckt. Fonte da Thela war ursprünglich ein Fischerdorf. Das Fischererbe verleiht der Stadt einen rustikalen Charakter und lässt sie etwas herunterkommen erscheinen. Rund um die Stadt befinden sich die Pinienwälder Mata dos Medos. Das gesamte Gebiet gehört zum Naturreservat Arriba Fossil. Genau dieser Schutzstatus sorgt dafür, dass die touristische Entwicklung in Fonte da Telha nicht übertrieben wird. Der Startplatz liegt am Rand der Pinienwälder, durch einen kurzen Fußweg ist er erreichbar. Für das Soaren wir auch hier Wind aus westlicher Richtung benötigt. Der Startplatz besteht Großteils nur aus Sand, was für das Toplanden üben einfach nur ein Traum ist.

Der frühe Vogel fängt den Wurm. Mit diesem Motto starteten wir perfekt getimt nach dem Frühstück in die Luft und genossen die absolute Ruhe. Das nenne ich mal einen laminaren Wind, wenn man gefühlt eine Ewigkeit ohne jegliche Korrektur nebeneinander fliegt. Die Morgenstimmung gab diesem Moment noch einmal das gewisse Etwas. Die Sonnenstrahlen malten schöne Orangetöne in den Horizont. Wiederum in die andere Richtung kündigten die dunklen tief hängenden Wolken die nächste Flugpause an.

Tolle Flüge mit bis zu 1,5 Stunden Airtime ließen die Mischung mit der am Boden festsitzenden Zeit perfekt harmonieren. Schließlich gab es auch beim klassischen Sightseeing abseits vom Flugsport einiges zum entdecken.

Praia do Pinheirinho

Der Strand von Pinheirinho ist ca. 3,5 km lang und erfüllt die Wünsche von Liebhabern einsamer Sandstrände, die keinen Wert auf Infrastruktur legen. Die Dünen mit 16 m Höhenunterschied bieten einen coolen Spot für das Soaren. Eigentlich das, was wir Gleitschirmflieger suchen die Natur hautnah und unverändert. Leider war das Wetter gegen das Ende zu immer weniger gelaunt. Katja und David nutzten ein kurzes Wetterfenster für das Trocknen vom Gleitschirm. Der zu schräg anstehende Wind bot leider keinen Aufwind. Aber dieser einsame Strand drängt definitiv auf ein Wiedersehen hin.

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